EU-Netzüberwachung: Was, wenn die Backdoor-Pflicht für Apple Realität wird?

Dass der Aktienwert des iKonzerns ungefähr der Wirtschaftskraft einzelner EU-Länder entspricht, ist ja schon mal eine Aussage, die für den unternehmerischen Erfolg von Apple und dessen Führungsriege spricht. Egal ob man iDevices mag oder nicht, die Herrschaften aus Cupertino haben aus wirtschaftlicher Sicht wohl so einiges richtig gemacht, um heute einer der beliebtesten Marken vorzustehen. Aber wie lassen sich ein so massiver Erfolg und eine solche Marktmacht mit den aktuellen politischen Entwicklungen hinsichtlich der Netz- & Bürger-Überwachung vereinbaren?

iOS-Privatsphäre-Option entscheidendes Auswahlkriterium vieler Nutzer

Dass Apple nicht nur in seinem Heimatland mit den staatlichen Kontrollbehörden im Clinch liegt, sondern mittlerweile auch jeder kleine EU-Staat meint, gesetzliche Vorgaben zur Netz- und Bürgerüberwachung verabschieden zu müssen, ist ja nichts Neues. Und für viele Nutzer eines iPhones ist gerade die Privatsphäre-Option und der Kundendatenschutz, die der iKonzern bietet entscheidend, zu einem Smartphone des Herstellers zu greifen. Wie dieser Streit ausgeht, steht zwar noch in den Sternen, es zeichnet sich aber mehr und mehr ab, dass Gesetze, die Apple dazu verpflichten werden, ein Hintertürchen in ihr iOS-System einzubauen, tatsächlich in Kraft treten werden (Großbritannien).

Könnte England die iPhone-Nutzung verbieten und würde Apple auf den Absatzmarkt verzichten?

Mal angenommen in England wird das aktuelle Gesetz zur Netzüberwachung verabschiedet. Dann würde dieses Apple zwingen, in sein iOS-System eine Backdoor für sämtlichen Kontrollbehörden einzubauen. Welche Handlungsspielräume hätte jetzt die englische Regierung, wenn Apple dieser Vorgabe nicht nachkommt? Ich weiß nicht, wie das rechtlich aussieht, aber eventuell wäre es möglich, den Verkauf von iPhones in England gesetzlich zu verbieten. Gleichzeitig müsste man auch den Bürgern verbieten, diese Geräte weiterhin zu nutzen. Und man müsste versuchen, den Import dieser iDevices ins Land zu verhindern. Im Gegenzug verzichtet Apple auf den Absatzmarkt England. Jetzt stellt sich die Frage, wie in einem solchen Fall dann tausende iPhone-Besitzer in England reagieren werden, wenn sie aufgefordert werden, ihre teuren iDevices in die Tonne zu kloppen.

Quelle: YouTube
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Sicherlich spielen für Apple bei all diesen Überlegungen neben dem Privatsphäre-Schutz seiner Kunden auch wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle. Wie wichtig oder unwichtig ist ein Absatzmarkt wie England tatsächlich, speziell unter dem Gesichtspunkt, dass man gerade erst damit begonnen hat, den chinesischen Markt zu erobern? Der einleitend erwähnte Aktienwert des Unternehmens bietet Apple hier sicherlich enormen Handlungsspielraum, auch mal „verzichten“ zu können. Lehnt sich Apple in diesem Fall bewusst zurück und wartet ab, wie sich die erste EU-Regierung ins eigene Bein schießt, wenn sie versucht iDevices in England zu verbieten und so die Wut Millionen Bürger auf sich zieht? Alternativ könnte Apple natürlich auch ein eigenes iOS-System mit Hintertürchen für den englischen Absatzmarkt anbieten und so die Vorgaben der Regierung erfüllen. Aber ob das dann so zum Markenkonzept von Apple passt, darf man mit Recht in Frage stellen. Ich persönlich möchte eigentlich nicht, dass mir indirekt vorgeschrieben wird, welches Smartphone ich nutzen darf und welches nicht, nur weil staatliche Ermittlungsbehörden mit dessen Entschlüsselung nicht klarkommen.

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Kommentare

  1. W. antwortet

    Nicht beachtet ist in diesem Fall TTIP und CETA. Wenn Apple durch ein Gesetz in einem Markt benachteiligt wird, kann es vor ein Schiedsgericht ziehen und die englische Regierung mit Hilfe dieser Abkommen zwingen diskriminierende Gesetze abzuschaffen. Stellt sich die Frage, wie es mit TTIP und CETA weiter geht, davon dürfte Apples Handeln stark abhängen.

    • Christian antwortet

      Danke für deinen Beitrag, da hast du Recht, das könnt bei der ganzen Sache auch noch eine relevante Rolle spielen…

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